Verletzlichkeit wird oft mit Schwäche verwechselt. Doch wer sich verletzlich zeigt, signalisiert Mut. Es bedeutet, das eigene Schutzschild einen Moment lang beiseite zu legen und sichtbar zu machen, was uns wichtig ist. Dort, wo wir nicht perfekt sind, entsteht Resonanz.
Die US-amerikanische Professorin Brené Brown hat mit ihrer Forschung zu Verletzlichkeit, Scham, Mut und Empathie eindrücklich gezeigt, wie stark dieser Zusammenhang ist. Ihr TED-Talk «The Power of Vulnerability» wurde millionenfach gesehen. In ihren Büchern – etwa «Daring Greatly» («Verletzlichkeit macht stark») – beschreibt sie, dass wahre Verbundenheit nur möglich ist, wenn wir uns ohne Maske zeigen.
Im Beruf bedeutet das, Fehler einzugestehen oder um Hilfe zu bitten. Führungskräfte, die das können, schaffen Vertrauen und eine Kultur, in der Teams nachhaltiger arbeiten. In Konflikten heisst es, nicht nur die eigene Position zu verteidigen, sondern auch die eigenen Gefühle zu benennen. Oft ist genau das der Moment, in dem Eskalationen aufhören und Dialog möglich wird.
Auch im Alltag erleben wir: Wenn wir uns zeigen – mit Zweifeln, Unsicherheit oder einem Bruch in der Stimme – fühlen sich andere eingeladen, ebenfalls ehrlich zu sein. Verletzlichkeit ist kein Risiko, das uns schwächt. Sie ist eine Ressource, die Verbindung schafft.
Risiken der Verletzlichkeit
Natürlich gibt es Situationen, in denen Offenheit nicht nur positive Reaktionen auslöst. Wer sich verletzlich zeigt, kann auf Ablehnung, Spott oder Abwehr stossen. Gerade in hierarchischen Kontexten oder in Kulturen, die Stärke mit Unfehlbarkeit verwechseln, braucht es Mut, diesen Schritt zu wagen. Verletzlichkeit heisst deshalb nicht, alles und überall offenzulegen. Es geht darum, bewusst zu wählen, wem man was anvertraut – und in welchem Rahmen es förderlich ist.
Impulse, um Verletzlichkeit bewusst zuzulassen:
Verletzlichkeit ist kein Defizit, sondern eine bewusste Entscheidung. Wer sie wagt, erfährt mehr Vertrauen, echte Nähe und eine Kultur, in der Entwicklung möglich wird.