Macht und Ohnmacht: Emotionen im Gefälle zwischen Führung und Team

Emotionen sind immer da. Wo Hierarchie dazukommt, werden sie deutlicher. Wer entscheidet, prägt Tempo und Deutung. Wer weniger Einfluss hat, wägt jedes Wort, prüft jede Regung. Aus kleinen Irritationen werden schnell dichte Sitzungen, indirekte Botschaften und zähe Runden neben dem eigentlichen Gespräch. Es fühlt sich an, als ob die Arbeit stehenbleibt, obwohl alle reden.

Führung heisst den Rahmen halten. Nicht als starre Ordnung, sondern als verlässliche Orientierung. Auftrag benennen. Ziel sichtbar machen. Rollen und Entscheidwege klarmachen. Wenn das steht, verlieren Spekulationen an Kraft. Dann können Emotionen auftauchen, ohne den Prozess zu übernehmen. Eine Führungskraft, die sagt «Wir nehmen uns Zeit, um das Wesentliche zu klären» öffnet einen Raum, in dem Anspannung abnimmt und Sprache wieder trifft.

Teams gewinnen Einfluss, wenn sie präzise werden. Anliegen nicht als Rundumschlag, sondern als Kern. «Darum geht es mir. Das ist die Wirkung, die ich erwarte. Das bringe ich selbst ein.» Wer so spricht, verlagert das Gewicht von Ohnmacht zu Mitgestaltung. Aus dem Gefühl, nur ausgeliefert zu sein, wird ein Beitrag, der anschlussfähig ist. Präzision ist keine Härte. Sie ist Respekt für die gemeinsame Zeit.

Heikle Gespräche brauchen Ruhe und Form. Ein klarer Einstieg senkt die Temperatur. Ziel und Zeitrahmen benennen. Rollen klären. Gefühle anerkennen, ohne sie zu bewerten. Ein einfacher Satz genügt: «Ich nehme Anspannung wahr. Was ist Ihnen im Kern wichtig» Danach fokussieren. Nicht alles zugleich, sondern Schritt für Schritt. Ein kleines Mass an Messbarkeit hilft. Wenn eine Person sagt «Heute ist es eine acht auf einer Skala von null bis zehn», dann wird ein Fortschritt greifbar. Eine sieben ist schon Bewegung.

Sprache trägt, wenn sie knapp ist. Kurze Sätze, konkrete Worte. Keine Erklärschleifen. Nützliche Formulierungen klingen schlicht: «Ich sichere den Rahmen. Sie sagen, was gesagt werden muss.» Oder: «A ist zentral. B verunsichert. Was braucht es als nächsten Schritt» So trennen wir, was oft vermischt wird. Erst klären. Dann entscheiden. Dann planen. In dieser Reihenfolge wird Arbeit wieder möglich.

Grenzen schützen. Wenn Abwertungen oder Drohungen auftauchen, braucht es ein Stop. Die Regel wird erinnert. Das Gespräch wird wenn nötig unterbrochen und unter klaren Bedingungen fortgesetzt. Das ist kein Machtspiel. Das ist Schutz für alle. Wer den Rahmen hält, schafft Sicherheit. Sicherheit ermöglicht Ehrlichkeit. Ehrlichkeit macht Geschwindigkeit.

Auch ein Meeting kann leicht gebaut sein und trotzdem stark wirken. Zu Beginn Ziel und Spielregeln vereinbaren. Redezeiten und Reihenfolge klären. Sichtbar mitschreiben, damit Bedeutendes nicht verfliegt. Nebenthemen parken, damit sie später bearbeitet werden und jetzt nicht stören. Abschliessen mit drei Sätzen: Das habe ich verstanden. Das entscheiden wir. Das ist der nächste Schritt. So bleibt das Thema im Zentrum und die Emotion hat Platz, ohne zu dominieren.

Warnsignale zeigen sich früh. Mehrdeutige Mails. Sarkasmus in Nebensätzen. Mehr Meetings, weniger Entscheide. Anträge, die zurückkehren, ohne je anzukommen. Spätestens dann ist ein strukturiertes Gespräch fällig, mit klarem Ziel und einem Ende, das Verantwortung verteilt und Termine setzt. Wegschauen verlängert nur die Laufzeit des Problems.

Nach einem Termin braucht es Abschluss und Pflege. Mitnahmen festhalten, Verantwortliche benennen, Termine setzen. Ein kurzer Check-out hilft, das Erarbeitete zu verankern: «Was nehme ich mit» und «Was lasse ich hier». Manchmal folgt ein Einzelhinweis oder eine Supervision, um Muster sichtbar zu machen und den Rahmen zu stabilisieren. Kontinuität schlägt die grosse Geste.

Die Rolle der Führung bleibt dabei unverrückbar. Rahmen halten. Zuständigkeiten klären. Konsequenzen sichtbar machen. Entscheide benennen. Prüfaufträge sauber formulieren. Offene Punkte terminieren. Zeitnah Rückmeldungen geben. Je kleiner der Interpretationsraum, desto leiser der Druck.

( Als ich noch Führungsaufgaben innehatte, half mir der militärische Fünf-Punkte-Befehl ... Kurz und übertragbar auf den Alltag, besonders wenn Hierarchie Emotionen verstärkt: Er reduziert Deutungsspielraum, schafft Orientierung und macht Verantwortung sichtbar.) 

Die Rolle des Teams ist ebenso klar. In Ich-Form sprechen. Mit Beispielen belegen. Den eigenen Beitrag nennen. Einen nächsten Schritt vorschlagen. So entsteht Beteiligung, die trägt.

Am Ende steht eine einfache Bewegung. Hierarchie verstärkt Emotionen, weil Bedeutung und Risiko ungleich verteilt sind. Ein klarer Rahmen, präzise Sprache und eine saubere Prozessführung halten den Austausch sachorientiert. So wird aus Ohnmacht verantwortliche Handlung und aus Reibung wieder Zusammenarbeit.

 

 

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